Die orientalischen Karawanen

Das europäische Bild des Orients wurde entscheidend von den Karawanen geprägt. Die Händler aus fernen Ländern brachten nicht nur edle Seidenstoffe und kostbare Gewürze in den Mittelmeerraum, sondern auch Geschichten von menschenfeindlichen Wüsten, fruchtbaren Oasen und quirligen Basaren. Dadurch verband der Fernhandel neben den Wirtschaftsräumen auch unterschiedliche Kulturen miteinander. Und obwohl inzwischen vieles mit modernen technologischen Mitteln abgewickelt wird, das noch vor wenigen Jahrzehnten sehr viel Zeit und Aufwand in Anspruch genommen hätte, durchziehen auch heute noch mutige Händler mit ihren genügsamen Kamelen abgelegene Regionen Afrikas und Asiens.

Woher kommt der Begriff?

Der Begriff „Karawane“ stammt aus dem Persischen und bezeichnet eigentliche nur eine Gruppe von Menschen, die zusammen auf der Reise sind. Da allerdings der Hauptgrund von Fernreisen meist der Handel war, wurde die Bezeichnung bald auf Kaufleute übertragen, die sich mit ihren Packtieren zu Handelszügen zusammenschlossen, da eine große Zahl von Reisenden die Sicherheit erhöhte. Bereits seit Jahrtausenden konnten so begehrte Güter über weite Strecken gehandelt werden. Die ersten schriftlichen Zeugnisse dafür stammen aus der Zeit des römischen Reiches, als auf diese Weise Gewürze und Seide aus Ostasien ans Mittelmeer gelangte. Diese Route wurde noch im Mittelalter genutzt und ist bis heute unter dem Namen Seidenstraße bekannt. Aber auch auf der arabischen Halbinsel und in Nordafrika brachten Karawanen verschiedene luxuriöse Handelswaren nach Europa. Neben Weihrauch, Gold und Elfenbein zählten viele Jahrhunderte lang auch Sklaven dazu.

Die Kamele

Obwohl die meisten Europäer mit Karawanen Dromedare, die einhöckrigen Kamele, verbinden, wurde diese Art erst vergleichsweise spät domestiziert. Die Wildform stammte aus dem Süden der arabischen Halbinsel, und erst im ersten Jahrtausend vor Christus löste das ausdauernde und genügsame Tier in Nordafrika und dem heutigen Nahen Osten den Esel als Lasttier ab. Das Trampeltier dagegen, das zweihöckrige Kamel, wurde vermutlich bereits ein bis zwei Jahrtausende früher im nördlichen Iran domestiziert. Sein Verbreitungsgebiet reicht bis nach China. Beiden Arten gemeinsam ist ihre außerordentliche Widerstandsfähigkeit. Sie können selbst mit widrigsten Umweltbedingungen problemlos zurechtkommen und dank ihrer Fettreserven sowie ihrer an trockene Klimaverhältnisse angepasste Nieren auch lange Strecken ohne Wasser und Nahrung zurücklegen, wobei sie dank ihrer weich gepolsterten Fußsohlen auch schwierige Bodenverhältnisse meistern können. Dies macht sie Pferden und Eseln deutlich überlegen, zumal sie auch größere Lasten tragen können. Außerdem sind auch Milch und Wolle der Kamele nutzbar. Dennoch sind auch Kamele nicht unbegrenzt belastbar. Aus diesem Grund entstanden entlang der Handelsrouten in Oasen und an anderen markanten geografischen Punkten Karawansereien, wo Handelsreisende mit ihren Tieren ausruhen und sich mit Wasser und Nahrung versorgen konnten. Noch heute zeugen viele hervorragend erhaltene Karawansereien von der großen Zeit der Karawanen.

Karawanen heute

Trotz der Globalisierung, die mit ihren technologischen Möglichkeiten für einen enormen weltweiten Warenaustausch sorgt, gibt es auch heute noch Karawanen. Insbesondere im Bereich der Sahara und der Sahelzone sind manche Regionen noch immer für Autos oder Flugzeuge nahezu unerreichbar. Alles, was die Bewohner abgelegener Städte und Dörfer benötigen, gelangt deshalb auf dem Rücken von Kamelen dorthin. Von besonderer Bedeutung ist dabei, wie schon viele Jahrhunderte zuvor, der Handel mit Salz, das gegen Datteln, Hirse und industriell hergestellte Waren eingetauscht wird. Aber auch Menschen werden inzwischen wieder gehandelt, denn viele der alten Karawanenrouten durch die Sahara werden heute auch von Schleppern genutzt, die Migranten aus Westafrika und Eritrea nach Libyen bringen.